29.04.2024

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Deutsche Kommunistische Partei Karlsruhe





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Großkapital fordert von Hindenburg die Machtübertragung an die Nazis

Die Eingabe führender Großindustrieller, Bankiers und Großgrundbesitzer an Reichspräsident Hindenburg vom 19. November 1932 enthält die Forderung nach sofortiger Übertragung der Kanzlerschaft an Adolf Hitler.

Damit wollte der besonders aggressive Teil des Großkapitals einem weiteren Rückgang des Einflusses der Nazis zuvorkommen. Die Veränderung dieses Einflusses lässt sich an den Wahlergebnissen der Jahre 1928 bis 1932 ablesen.

In drei von vier Reichstagswahlen hatten die Nazis jeweils erheblich hinzugewonnen. In der letzten Wahl der Weimarer Republik vom 6.11.1932 hatte die NSDAP jedoch über 2 Millionen Stimmen bzw. 4,3% und damit 34 Reichstagsabgeordnete verloren.

Die KPD hatte dagegen knapp 700.000 Stimmen bzw. 2,3% und damit 11 Reichstagsabgeordnete gewonnen. KPD und SPD hatten zusammen knapp 1,5 Millionen Stimmen bzw. 4,2% und damit 25 Reichstagsabgeordnete mehr als die Nazis erhalten. Der Faschismus war also zu schlagen.

Diese prägnante Entscheidung der Wähler zu Ungunsten der Nazis ließ beim Großkapital die Alarmglocken schrillen. So kurz vor Erreichen des Ziels einer faschistischen Mehrheit wollte man die Nazis nicht scheitern lassen.

"Als die NSDAP am 6. November 1932 ihren ersten Rückschlag erlitt und somit also ihren Höhepunkt überschritten hatte, wurde eine Unterstützung durch die deutsche Wirtschaft besonders dringend." (Kurt von Schröder im Nürnberger Prozess)

Ew. Exzellenz,

Hochzuverehrender Herr Reichspräsident!

Gleich Eurer Exzellenz durchdrungen von heißer Liebe zum deutschen Volk und Vaterland, haben die Unterzeichneten die grundsätzliche Wandlung, die Eure Exzellenz in der Führung der Staatsgeschäfte angebahnt haben, mit Hoffnung begrüßt. Mit Eurer Exzellenz bejahen wir die Notwendigkeit einer vom parlamentarischen Parteiwesen unabhängigen Regierung, wie sie in dem von Eurer Exzellenz formulierten Gedanken eines Präsidialkabinetts zum Ausdruck kommt.

Der Ausgang der Reichstagswahl vom 6. November d. J. hat gezeigt, daß das derzeitige Kabinett, dessen aufrechten Willen niemand im deutschen Volke bezweifelt, für den von ihm eingeschlagenen Weg keine ausreichende Stütze im deutschen Volk gefunden hat, daß aber das von Eurer Exzellenz gezeigte Ziel eine volle Mehrheit im deutschen Volke besitzt, wenn man - wie es geschehen muß - von der staatsverneinenden kommunistischen Partei absieht. Gegen das bisherige parlamentarische Parteiregime sind nicht nur die Deutschnationale Volkspartei und die ihr nahestehenden kleineren Gruppen, sondern auch die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei grundsätzlich eingestellt und haben damit das Ziel Eurer Exzellenz bejaht. Wir halten dieses Ergebnis für außerordentlich erfreulich und können uns nicht vorstellen, daß die Verwirklichung des Zieles nunmehr an der Beibehaltung einer unwirksamen Methode scheitern sollte.

Es ist klar, daß eine des öfteren wiederholte Reichstagsauflösung mit sich häufenden, den Parteikampf immer weiter zuspitzenden Neuwahlen nicht nur einer politischen, sondern auch jeder wirtschaftlichen Beruhigung und Festigung entgegenwirken muß. Es ist aber auch klar, daß jede Verfassungsänderung, die nicht von breitester Volksströmung getragen ist, noch schlimmere wirtschaftliche, politische und seelische Wirkungen auslösen wird.

Wir erachten es deshalb für unsere Gewissenspflicht, Eure Exzellenz ehrerbietigst zu bitten, daß zur Erreichung des von uns allen unterstützten Zieles Eurer Exzellenz die Umgestaltung des Reichskabinetts in einer Weise erfolgen möge, die die größtmögliche Volkskraft hinter das Kabinett bringt.

Wir bekennen uns frei von jeder engen parteipolitischen Einstellung. Wir erkennen in der nationalen Bewegung, die durch unser Volk geht, den verheißungsvollen Beginn einer Zeit, die durch Überwindung des Klassengegensatzes die unerläßliche Grundlage für einen Wiederaufstieg der deutschen Wirtschaft erst schafft. Wir wissen, daß dieser Aufstieg noch viele Opfer erfordert. Wir glauben, daß diese Opfer nur dann willig gebracht werden können, wenn die größte Gruppe dieser nationalen Bewegung führend an der Regierung beteiligt wird.

Die Übertragung der verantwortlichen Leitung eines mit den besten sachlichen und persönlichen Kräften ausgestatteten Präsidialkabinetts an den Führer der größten nationalen Gruppe wird die Schlacken und Fehler, die jeder Massenbewegung notgedrungen anhaften, ausmerzen und Millionen Menschen, die heute abseits stehen, zu bejahender Kraft mitreißen.

In vollem Vertrauen zu Eurer Exzellenz Weisheit und Eurer Exzellenz Gefühl der Volksverbundenheit begrüßen wir Euer Exzellenz

mit größter Ehrerbietung

Dr. Hjalmar Schacht, Berlin (ehem. Reichsbankpräsident)

Kurt Freiherr von Schröder, Köln (Bankier)

Fritz Thyssen, Mülheim (Konzernführer, Schwerindustrie)

Eberhard Graf von Kalckreuth, Berlin (Präs. d. Reichslandbundes)

Friedrich Reinhart, Berlin (Bankier)

Kurt Woermann, Hamburg (Großreeder u. Großkaufmann)

Fritz Beindorff, Hamburg (Großreeder)

Kurt von Eichhorn, Breslau (Bankier)

Ernil Helfferich, Breslau (Großreeder, Hapag)

Ewald Hecker, Hannover (Schwerindustrie)

Carl Vincent Krogmann (Finanzkapital)

Dr. Erich Lübbert, Berlin (Stahlhelmwirtschaftsrat)

Erwin Merck, Hamburg (Handelskapital)

Joachim von Oppen (Großgrundbesitzer)

Rudolf Ventzki, Eßlingen/Württ. (Maschinenbau)

Franz Heinrich Witthoefft(Großkaufmann)

August Rosterg, Berlin (Chemische Industrie)

Robert Graf von Keyserlingk, Cammerau (Großgrundbesitzer)

Kurt Gustav Ernst von Rohr-Manze (Großgrundbesitzer)

Engelbert Beckmann, Hengstey (Vors. d. Rhein. Landesbank)

Anmerkungen:

Beweisdokument PS 3901 im Nürnberger Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher, Bd. XXXIII, S. 531 ff. (Angaben in Klammern zur Orientierung von Reinhard Kühnl.)

Quelle:

Reinhard Kühnl, Der deutsche Faschismus in Quellen und Dokumenten, Pahl-Rugenstein Vlg. 1980, S. 160 ff (Zitat Kurt von Schröder: ebenda, S. 174)

siehe auch:

Ulrike Hörster-Philipps, Großkapital und Faschismus 1918 - 1945, Dokumente, Pahl-Rugenstein Vlg. 1981, S. 154ff.

Wolfgang Ruge u. a., Dokumente zur deutschen Geschichte, 1929 - 1933, Röderberg Vlg. 1977, S. 83ff.

Renzo Vespignani, Faschismus, Elefanten Press Vlg. 1976, S. 11 (Faksimile)
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2020-10-14 17:47:51

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